Vom Nähkurs zur Fashionista

single-image

Meinen heutigen Gast Annika Wienstroer vom Instagram-Chanel @frau.a.w kenne ich selbst noch nicht allzu lange. Aber als ich sie bei Instagram entdeckte, mochte ich sofort ihren Style und war auch erstaunt, wie sie innerhalb kurzer Zeit ihren Nähstil entwickelt hat. Mit @frau_poorthuis ist sie schon ewig befreundet und hat in ihr gleichzeitig ihren „Nahbuddy“ gefunden. Über ihre Nähkarriere, diese besondere Freundschaft und wie ein einsames Hobby sehr verbindend sein kann, plaudere ich mit ihr.

Foto: frau.a.w

Seit wann nähst Du und wie bist du zum Nähen gekommen?

Ich bin schon ewig mit Eva (@frau_oorthuis, Anm. Redaktion) befreundet und irgendwann hat sie sich zu einem Nähkurs angemeldet und mir davon erzählt und ich bin dann direkt mit eingestiegen. Das ist jetzt gut 5 Jahre her, würde ich schätzen. Da sind dann auch die ersten Bilder von mir bei Instagram gepostet worden.

Was machst Du beruflich und gibt es noch andere Dinge/Hobbys, die dich begeistern können?

Mein Beruf ist nicht so kreativ, ich bin Verwaltungswirtin im öffentlichen Dienst. Ich lese sehr gerne und kann mich für alle möglichen kreativen Dinge begeistern. Betonspielerein, Holzarbeiten, alles Mögliche. Ich würde gerne alles ausprobieren, aber der Tag hat leider nur 24 Stunden. Mein Fokus liegt tatsächlich auf dem Nähen. 

Wenn ich mir Deinen Instagram-Feed anschaue, so sehe ich eine da eine enorme Entwicklung von 2016 bis heute. Anfangs gab es nur Bilder von genähter Kleidung ohne Dich darin. Dann kamen viele Sweatshirt-Modelle. Und seit ca. einem Jahr tragen Deine genähten Kleidungsstücke aus meiner Sicht eine klare, stilistische Handschrift und auch die Fotos sind professioneller. Wie beurteilst Du selbst Deinen Weg der Stilfindung? Und wie würdest Du diesen beschreiben?

Foto: frau.a.w

Erst mal vielen Dank für Deine Worte! Es ist aber so, dass sich gar nicht mein Stil geändert hat, sondern einfach das, was ich nähe und zeige. Die Bilder die man heute von mir sieht entsprechen viel mehr dem, wie ich mich immer schon gekleidet habe, was ich bin. Ich habe einfach genäht, um zu nähen, das hat sich allerdings geändert. Ich kann Rüsche und Volants wenn mir danach ist, aber auch schlicht und reduziert. Das ist absolut tagesformabhängig. Das Schöne ist, dass man sich in der Mode nicht entscheiden muss, oder? Außerdem hat sich das Angebot an Stoffen und Schnittmustern in meinen Augen enorm geändert! Muster und Materialien haben sich mehr der Mode, d. h. dem angepasst, was in den Geschäften an Kleidung zu bekommen ist. Es ist viel einfacher geworden, Sachen zu nähen, die meinem persönlichen Stil entspricht.

Meine Suche nach Schnitten hat sich aber tatsächlich verändert. Ich möchte nur noch Sachen nähen, die ich mir auch kaufen würde und das sind kaum die Sachen, die ich am Anfang genäht habe. Das Anfertigen der Kleidungsstücke ist für mich ein absolut logischer Prozeß. Ich nähe heute Schnittmuster aus Ländern, deren Sprache ich absolut nicht verstehe. Man wird einfach sicherer und selbstbewusster. Letztendlich kann ja nichts passieren, es sind alles nur Nähte! Gelingt es nicht, war es wenigstens eine Erfahrung die ich mitnehmen kann.

Schwieriger war es allerdings, mich fotografieren zu lassen. Instagram war sooo riesig für mich. Man sieht so viele tolle Menschen, die unglaublich schöne Sachen nähen. Mittlerweile bin ich davon nicht mehr so eingeschüchtert und die Bilder entstehen oftmals ganz spontan und zwischendurch.

Es gibt ja viele verschiedene Möglichkeiten, wie ein Entstehungsprozess aussehen kann. Manche kaufen erstmal Stoff, weil er gefällt und suchen dann nach dem Schnitt. Bei manchen ist es umgekehrt. Wie läuft das bei Dir? Bist Du eher sehr planvoll oder ein sogenannter „Lustkäufer“?

Wenn ich einen Stoff sehe, der mir gefällt habe ich häufig direkt ein Bild von einem fertigen Teil vor Augen. D. h. ich weiß, dass daraus z. B. ein Kleid wird, aber noch nicht nach welchem Schnittmuster. Da kann es passieren, dass der Stoff länger bei mir liegt, bis das richtige Schnittmuster mich anspringt. Das geht dann ganz schnell und spontan. Habe ich allerdings ein neues Schnittmuster entdeckt, dann würde ich am liebsten alles stehen und liegen lassen um damit zu beginnen.

Foto: frau.a.w

Ist Dir Nachhaltigkeit bei Deiner Garderobe wichtig und wenn ja, wie setzt Du diese um?

Ein schwieriges Thema für jemanden, der immer was Neues ausprobiert. Ich bewahre Reste und Teile, die nicht so gelungen sind und mache dann was anderes daraus. Kleidung die ich nicht trage gebe ich gerne weiter, Abnehmer finden sich immer. Es landet also wenig auf dem Müll, aber ich gestehe, dass irgendein Projekt immer in der Pipeline ist. Ich versuche nur noch Sachen zu nähen, die ich auch wirklich trage. 

Dürfen wir einen Blick in Deinen Kleiderschrank werfen? Wieviel Prozent davon ist selbst genäht und wie gut passen die Teile zusammen und zu Deinem jetzigen Stil?

Der ist gar nicht so groß wie man vermuten könnte! Es finden sich natürlich immer mehr genähte Stücke darin. Jeans und ein paar ausgewählte Teile sind gekauft, der Rest ist überwiegend selbstgenäht. 

Ich bin ja eher der zurückhaltende Typ, was gemeinsame Nähevents angeht. Ich bin da irgendwie lieber für mich. Wie sieht das bei Dir aus? Hast Du daran Freude? Nimmst Du öfter an Nähcamps und Ähnlichem teil?

Es gibt Tage und Projekte, da bin ich sehr gerne mit mir und meinen Maschinen alleine! Aber auch wenn das Nähen überwiegend ein einsames Hobby ist und ich sehr gut mit mir alleine sein kann, freu ich mich immer sehr auf die Nähtreffen!

Das schöne daran ist, so viele Leute zu treffen, die das Gleiche machen wie ich. Da geht es mir um den Austausch, die ganzen Näherinnen zu treffen und mit ihnen zu quatschen und eine schöne Zeit zu haben. Ich war schon auf Nähtreffen, bei denen ich nicht eine Naht gemacht habe. Man lernt so viele Menschen kennen, die man sonst nie getroffen hätte.

Viele Menschen aus meinem Umfeld wissen gar nicht, dass ich nähe. ich nenne es immer „Undercovernähen“. Ich binde es auch nicht jedem auf die Nase oder gehe damit hausieren. Für mich eigentlich das schönste Kompliment, denn alle denken ja, dass ich meine Kleidung kaufe – Ziel erreicht! Aber da fehlt dann natürlich auch der Austausch.

Foto: frau.a.w

Machst Du Nähpläne für die Herbst-/Wintersaison?

Ich mach keine Nähpläne – ich nenne es „Wishlist“, denn das trifft es besser. Es gibt so 3 – 4 Teile die ich unbedingt mal nähen möchte, bin aber sehr sehr offen und schnell für neue Ideen zu begeistern und kann dann sehr spontan sein. Ich liebe es, mich inspirieren zu lassen. Ich mag es nicht, wenn man sagt „das muss ich auch mal irgendwann machen…“. Natürlich haben wir alle wenig Zeit, aber warum dann nicht das machen, wo man Lust drauf hat? Das ist nicht für jeden was, aber in Plänen fühle ich mich oft gefangen. 

Wo kann man Dich vielleicht mal persönlich treffen?

Eva und ich machen ziemlich regelmäßig einen Sewingsaturday, ein Nähtreffen mit einer Handvoll anderer Nähverrückten bei Altex Stoffladen bei uns im Ort. Aufgrund der besonderen Situation in diesem Jahr habe ich sonst keine Pläne bezüglich irgendwelcher Nähtreffen. Wenn mich natürlich jemand treffen möchte, sage ich nicht Nein!

Vielen lieben Dank, Annika, für dieses inspirierende Interview! Wie immer hat mein Gast einige Empfehlungen bezüglich Nähmaschine und nützliche Tools für Euch, die ihr in meinem Shop findet.

Kommentar verfassen

Auch interessant